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Arno Surminski

Geschichten, die für immer relevant sind „Damit die Leute wissen, wie schlimm Krieg sein kann“

Seit 1975 wohnt Arno Surminski mit seiner Familie in einem Haus in Barmbek, in dem vorher ein Kindergarten war. Foto: cc

Schon in der Schule war das Schreiben sein bestes Fach. Nachdem der Schriftsteller Arno Surminski erst in einer Kanzlei als Anwaltsgehilfe gelernt und gearbeitet und dann bei einer Versicherung viele Sachtexte geschrieben hatte, gab er in seinen 40er Jahren dem Gefühl nach, dass er auch literarisch schreiben muss, erzählt der inzwischen 89-Jährige in seinem Haus in Hamburg-Barmbek.

„Ich habe alles Mögliche wie zum Beispiel Kurzgeschichten, die auch veröffentlicht worden sind, geschrieben. Dann hatte ich die Idee, das, was ich im Krieg erlebt hatte, in einen Roman zu bringen“, erzählt Surminski von seinen Anfängen als Romanautor.

So sei sein erstes Buch „Jokehnen oder Wie lange fährt man von Ostpreußen nach Deutschland?“ entstanden, das später auch als Dreiteiler mit Armin Mueller-Stahl und Ursela Monn für das ZDF verfilmt wurde.

„Es ist eine Geschichte, die ausstirbt, denn die meisten, die das mitgemacht haben, leben ja nicht mehr“, sagt der Autor. „Ich hatte damals das Gefühl, dass ich das festhalten müsste, damit die Leute wissen, wie schlimm Krieg sein kann. Es war damals noch viel, viel schlimmer als heute.“ Surminski kam 1945 im Alter von elf Jahren allein (seine Eltern waren nach Russland deportiert worden) mit zwölf Millionen Flüchtlingen aus Ostpreußen nach Norddeutschland.

„Als die Stadt brannte:
Erzählungen gegen den
Krieg“, Ellert & Richter Verlag, ISBN 978-3-
8319-0851, 20 Euro.
Foto: Ellert & Richter

„Eine wirklich originelle Geschichte“

Für seinen ersten Roman fand der Hamburger Autor 1974 schließlich per Zeitungsannonce einen Verlag. „Ich hatte das Manuskript fertig und wusste, dass es wenig Sinn macht, die ganzen Verlage abzuklappern. Also gab ich in einer Tageszeitung eine Anzeige mit dem Text ‚Ungewöhnliches Manuskript über Ostpreußen sucht einen Verleger‘ auf.“ Darauf habe Surminski fünf, sechs Zuschriften bekommen. „Die meisten kamen von unbekannten Verlagen, aber auch Hoffmann und Campe war dabei. Dort habe ich mein Manuskript als Erstes hingeschickt. Ich bekam dann einen Brief, in dem stand, dass sie das Buch ganz toll fänden und es gern veröffentlichen möchten, sie jedoch durch ihre Zusammenarbeit mit Siegfried Lenz gebunden seien. Auch Lenz schriebe gerade einen Roman, in dem Ostpreußen vorkäme“, berichtet Surminski. Der Brief des renommierten Verlages habe ihm dann aber als Türöffner für einen anderen Verlag gedient, der daraufhin den Roman „Jokehnen oder Wie lange fährt man von Ostpreußen nach Deutschland?“ veröffentlichte. „Das war wirklich eine originelle Geschichte“, erzählt Surminski vergnügt. Seitdem hat er etwa 30 Bücher geschrieben, zumeist ernsthafte Romane und Kurzgeschichten über Flucht und Vertreibung – ohne Schuldzuweisungen. Das würdigte 2016 auch Sozialsenatorin Melanie Leonhard, die ihm stellvertretend für den Bundespräsidenten im Hamburger Rathaus das Bundesverdienstkreuz am Bande verlieh.

Arno Surminski ist 1934 in Ostpreußen geboren. Nach    der Deportation seiner Eltern in die Sowjetunion wuchs er  
in einer Familie in Schleswig-Holstein auf. Er ist Autor zahlreicher Romane, Erzählungen und Sachbücher, viele  
über Ostpreußen und die Folgen des Krieges. Foto: cc

„Geschichten, die ich selbst erlebt habe“

Gerade ist ein neues Buch von ihm mit dem Titel „Als die Stadt brannte: Erzählungen gegen den Krieg“ beim Ellert & Richter Verlag erschienen. Die neuen Erzählungen – und das ist Surminski wichtig – stehen beispielhaft dafür, was Literatur angesichts von Kriegsterror und Vertreibung zeigen kann: die vielen Facetten des Leids, das so viele ertragen müssen. Auch diesmal gehe es ihm darum, zu bewahren und aufzuzeigen, welches die furchtbaren Folgen von Krieg sind. Er schreibe „zum besseren Verständnis“ für Menschen, die sich mit dem Krieg – damals wie heute – auseinandersetzen.

„Früher habe ich geschrieben, weil ich mir dachte, dass das meine Zukunft ist. Ich muss Bücher schreiben, das kann ich am besten“, erklärt er seine Motivation. Dieses Buch jetzt habe aber auch wieder einen Zweck: „Es ist durch den Ukraine-Krieg entstanden. Ich habe die Erfahrung, wie es im Zweiten Weltkrieg war, ich habe 1945 noch alles mitgemacht dort. Als einer der letzten Zeugen habe ich es jetzt aufgeschrieben, um aufzuzeigen, wie schlimm Krieg ist.“ Surminski kenne die Verhältnisse, in denen die Geschichten spielen, gespielt haben. Es seien Geschichten, die er selbst erlebt habe.

„Wir haben hier den Weihnachtsmann gespielt“

Arno Surminski hat noch eine Menge zu sagen und einen Haufen halb fertiger Manuskripte in seinem Schreibtisch. Der steht in seinem Arbeitszimmer in dem Barmbeker Haus, in dem ursprünglich der Kindergarten seiner drei Kinder untergebracht war. „Das, was jetzt mein Arbeitszimmer ist, war mal das Puppenzimmer des Kindergartens“, berichtet er amüsiert. „Unsere Kinder waren hier, wir haben manchmal den Weihnachtsmann gespielt und so ... und wir kannten die Kindergärtnerin sehr gut. Als sie zurück in ihre Heimat im Schwarzwald wollte, suchte sie einen neuen Eigentümer für das Gebäude. So kamen wir 1975 zu diesem Haus.“
Fast 50 Jahre sind seitdem vergangen. Im August feiert der Schriftsteller Arno Surminski seinen 90. Geburtstag: Er will mit Verwandten und Freunden auf einem Boot auf der Elbe feiern und: Der Ukraine-Krieg soll unbedingt zu Ende gehen. Das ist sein größter Wunsch.                           

 

Corinna Chateaubourg © SeMa

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