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CaFée mit Herz

Tritt da ein, wo der Staat Grenzen hat

Offizielle Obdachlosigkeit in Hamburg mit hoher Dunkelziffer. Das sucht sich keiner freiwillig aus.

Feedback, Booster-Impfung, Blockbuster, Button – waren es früher Worteinsprengsel in der deutschen Sprache, werden heute Anglizismen, wie selbstverständlich gebraucht. Die Einwanderer in die deutsche Sprache sollen, so eine der Begründungen dafür, eine Sache oder einen Sachverhalt genauer beschreiben, als ein ähnliches deutsches Wort es kann. Wenn schon bei den angeführten Beispielen Zweifel angebracht sind, so ist das englische „comfortable“ nur ein schwacher Widerschein dessen, was für Deutsche in dem Wort „gemütlich“ steckt. Denn „gemütlich“ definiert alles, was guttut; beschreibt ein Gesamtumfeld, das Wärme und Geborgenheit bietet.

Ungemütliches Hamburg

Nach offiziellen Zahlen gibt es 2.000 Obdachlose in Hamburg. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein. Staat, Kirchen und viele sozial engagierten Vereine, Einzelinitiativen und Organisationen versuchen, diesen Menschen Hilfestellung zu leisten. Doch bei allem Bemühen – gemütlich wird es damit auf den Straßen der Stadt nicht. Auch nicht damit, dass sie weihnachtlich geschmückt sind, dass sogar wieder Weihnachtsmärkte jene, die sich das leisten können, zu Glühwein und Bratwürsten einladen. Im Winter in Haus- und Geschäftseingängen zu schlafen ist weder gemütlich noch romantisch. Fast unmöglich ist es, nicht zu erschaudern, passiert man solche „Bettenlager“. Und die, die lagern – müssen – sind weder alternative Aussteiger noch war Obdachlosigkeit Teil ihres Lebensentwurfs. Sie wurden auf ihrem Lebensweg durch gravierende Einschnitte „aus der Bahn“ geworfen, konnten sich einer verhängnisvollen Abwärtsspierale nicht entziehen.

Maike Oberschelp, die Geschäftsführerin des „CaFée mit Herz“ mit der legendären Sammeldose des Mitbegründers Holger Hanisch.

Hinsehen und helfen

Einer, der hinsah, nicht nur schauderte, sondern für sich einen Auftrag aus dem Gesehenen ableitete, war Holger Hanisch (1950–2006). Er war Mitbegründer des „CaFée mit Herz“ im Stadtteil St. Pauli, das für Obdachlose im ehemaligen Hafenkrankenhaus eingerichtet wurde. Für das „CaFée mit Herz“ zog er mit einer Spendendose durch St. Paulis Amüsierbetriebe und bat erfolgreich um Hilfe. Der Verein „CaFée mit Herz“ führt die Arbeit in seinem Sinne weiter. Sein Vorstand Thomas Paetsch, Vivian May und Torsten Jarrs wurde von den rund 300 Mitgliedern gewählt. Ausdrücklich lädt der Verein alle ein, über eine Mitgliedschaft im Verein dessen Arbeit mitzubestimmen und zu fördern. Dadurch unterscheidet er sich von anderen sozialen Organisationen, wie zum Beispiel dem ebenfalls in der Obdachlosenhilfe tätigen „Hilfsverein St. Ansgar“, dem Träger der am Nobistor ansässigen „Alimaus“. Dort hatte es erhebliche, für Außenstehende nicht nachvollziehbare Verwerfungen gegeben, in deren Folge im Februar 2021 der zuvor von der „Alimaus“ betriebene „Hamburger Kältebus“ sowie das „Gesundheitsmobil“ vom „CaFée mit Herz“ übernommen wurde. Die Mehrzahl der Ehrenamtlichen, die beide Fahrzeuge fuhren, sind damals mitgewechselt.

Von 19 bis 24 Uhr im Einsatz. Auch für Rollstuhlfahrer ausgerüstet. Im Gepäck Kaffee, Schokoriegel, Decken und Zugewandtheit.
© CaFée mit Herz

Mobil unterwegs – Hilfe vor Ort

Der „Kältebus“ dient dem meist nächtlichen Transport oftmals hilfloser Menschen in die Obdachlosenunterkünfte der Stadt Hamburg sowie der Verteilung von Schlafsäcken und warmer Kleidung. Im „Gesundheitsmobil“ erbringt Fachpersonal mit zumeist ärztlicher oder krankenpflegerischer Ausbildung für Menschen ohne Krankenversicherung ambulante medizinische Leistungen. Mehr als 100 Frauen und Männer sind ehrenamtlich für den Verein tätig, der an seinem Standort im ehemaligem Hafenkrankenhaus an der Seewartenstraße 10 täglich auch Frühstück und bis zu 200 Mittagessen anbietet. Hier gibt es ebenfalls eine Kleiderkammer, die gerade in diesen Tagen dringend saubere, warme Bekleidung benötigt. Seit Ende Februar 2018 sind wöchentlich Medizinstudenten der studentischen Poliklinik Hamburg (StuPoli) für Menschen ohne Krankenversicherung da. Das ehrenamtliche Engagement der angehenden Ärztinnen und Ärzte vom Asklepios Campus Hamburg (ACH) sowie der sie begleitenden approbierten Ärztinnen und Ärzte ist eine große Bereicherung des „CaFées“ nahe der Reeperbahn. Wie im Vorjahr will der Verein auch in diesem Winter preiswerte freie Hotelbetten für Obdachlose anmieten – ein Wohnprojekt in Eidelstedt ist ein weiterer Ansatz, den Teufelskreis von Wohnungs- und Arbeitslosigkeit zu durchbrechen. Für alle Angebote kann gezielt gespendet werden – für hilfswillige Einsteiger werden „Schnuppertage“ angeboten. Vor dem Hilfsbedarf in Hamburg scheint es fast ins Absurde abzugleiten, wenn besorgte Stimmen laut werden, unterbrochene Logistikketten könnten dafür sorgen, dass bestimmte Weihnachtsgeschenke zu Mangelware werden könnten.

Ein Geschenk, das immer geht, und sogar noch von der Steuer abgesetzt werden kann, ist eine Spende für ein ganz besonderes Cafè, das „CaFée mit Herz e. V.“:
IBAN DE65 2005 0550 1206 1343 04 oder im Internet: www.cafeemitherz.de

 

F. J. Krause © SeMa

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