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Städte-Check Stettin

Zwischen Erinnerung und Aufbruch

Nach dem Arbeitsleben haben viele Senioren genügend Zeit zum Reisen. Dabei stehen Städtereisen hoch im Kurs. Kurz, interessant, recht günstig und auch für die ältere Generation geeignet soll es sein. Das Senioren-Magazin testet in einer Serie, welche europäischen Städte diese Anforderungen erfüllen – oder auch nicht. In der aktuellen Folge geht es um Stettin/Polen.

Im Bus sitzt eine Mischung aus Wehmut und Erwartungshaltung. Nicht wenige Mitglieder der 35-köpfigen Hamburger Seniorengruppe, die auf dem Weg nach Stettin ist, haben ihre Wurzeln in der polnischen Stadt an der Oder. Ob nun die reiselustige 75-jährige Dame aus Hamburg-Nien-dorf, die zum letzten Mal im zarten Alter von drei Jahren in ihrer Heimat war, oder ihre vielen Freundinnen, die zum Großteil auch familiär mit dieser Gegend historisch verbunden sind: Stettin sehen viele deutsche Touristen aus ihrer eigenen Sicht – und es lohnt sich, hinzuschauen.

Sie erleben eine Stadt, in der man den Willen zum Umbruch geradezu aufsaugen kann, das Ost-Grau zu großen Teilen längst dem bunten Stadtbild im Stile einer West-Großstadt gewichen ist, in einigen Dingen sogar schon noch moderner zu werden scheint.

Natürlich: Unsere Hamburger Senioren-Gruppe hält sich zunächst an die schönen alten Gebäude, die eben für die Historie stehen. Ob die Hakenterrasse, die Jakobikirche, das Königstor oder die Bürgerhäuser und Boulevards am Grünwald-Platz, die Geschichte Stettins ist in den Fugen dieser Gebäude verankert. An anderer Stelle – zum Bespiel an der hochmodernen Philharmonie oder in der neu aufgebauten (weil im Krieg völlig zerstörten) Altstadt stehen schon Beispiele, wo der Weg in Stettin hinführen soll – und zu großen Teilen schon hingeführt hat. „Ich war zuletzt im Jahr 2004 hier, es ist unglaublich, was sich hier getan hat“, sagt zum Beispiel der 63-jährige Peter Reichardt, der auch von der Elbe angereist ist. Seine hanseatische Reise-kollegin Marianne Pilz (79), ebenfalls schon mit Stettin-Erfahrung, stimmt ihm zu: „Hier geht es wirklich Schlag auf Schlag.“

So werden dann auch das Klingeln der alten Straßenbahnen (zum Großteil sind diese auch schon durch modernere ersetzt) und das Hämmern der Baumaschinen quasi zu einem Stettiner Lied, was der Tourist gern über sich ergehen lässt. Die rund 410 000 Einwohner zählende Stadt an der Grenze zu Deutschland ist eben schon mehr als ein Geheimtipp, zumal das Preisniveau für Touristen aus Hamburg, Berlin oder München weiter sehr attraktiv ist. Die Hotels und Restaurants haben durchaus schon Westniveau, die Preise noch nicht. Freilich muss man noch mit einer Zurückhaltung der polnischen Gastgeber fertig werden, die manchmal noch recht skeptisch wirken. Auch ist das Handeln der Polen auf den Straßen gerade an Bussen oder PkWs aus dem Westen besonders ausgeprägt, aber eben den niedrigen Löhnen geschuldet. Geht man auf die polnischen Gastgeber zu, taut das Eis schnell, zumal auch fremde Sprachen – meist die englische – in Polen oft gut beherrscht werden..
Ein Geheimtipp sind die Straßenbahnen Stettins, die in einem sehr guten Netz eingesetzt sind. Etwas mühsamer sind da schon die vielen Treppen (zum Beispiel am Oder-Ufer) oder große unebene Gehwegplatten (Achtung am Rollator), die nur Stück für Stück kleineren weichen. Aber: Stettin ist insgesamt überschaubar, und die City steht im Stadtbild, auf Angebot und Atmosphäre bezogen, einer mittelldeutschen Großstadt in nichts nach.

Aber auch – oder gerade – für unsere Hamburger Senioren-Gruppe zählen andere Attribute. „Ich werde mich lange daran erinnern, dass ich das hier noch einmal sehen konnte“, sagt zum Beispiel Jutta Graf (74) aus Hamburg-Rissen. So fahren sie und ihre Reisegenossen zwar nicht mit Abschieds-tränen in den Augen, aber mit einer gewissen Genugtuung zurück Richtung Hamburg. Es gibt auch keinen Grund zur Wehmut, eher einen zufriedenen Rückblick auf das Erlebnis Stettin.     

Vom Wassertaxi an die Ostsee bis zur Straßenbahn

•    Auf zur Ostsee: Seit diesem Jahr befördert die „Jadwiga“ – eine Art Wassertaxi – wieder Touristen und Einheimische über das Oderhaff zur Ostsee Richtung Swinemünde. Zunächst nur an Wochenenden, dann ab Mitte Mai täglich zweimal. Die Überfahrt vom Seehafen der Stettiner Weißen Flotte zum Anleger der Adler-Schiffe an der Wybrze e Władysława IV. dauert zwischen 70 und 80 Minuten, je nach Wetterlage und Wellengang auf dem Haff.
•    Rein in die Straßenbahn: In Stettin bietet es sich praktisch an, mit den Straßenbahnen die Stadt zu erkunden. Eine Tageskarte (erhältlich in bestimmten Ticket-Shops und auch in den Bahnen selbst) kostet umgerechnet 3,50 Euro. Das Netz ist sehr gutausgebaut und führt auch an der Oder entlang.
•    Euro oder Zloty? In Stettin selbst kann oft in Euro gezahlt werden (Kurs zurzeit 1 Euro = ca. 4 Zloty). Nur vereinzelt (zum Beispiel an Kiosken) wird auf Zloty bestanden.
•    Busfahrt: Die Busfahrt von Hamburg nach Stettin dauert rund fünf bis sechs Stunden.
•    Infos im Internet: Gute Infos zu einem Stettin-Besuch gibt es im Internet unter http://www.visitpomerania.eu/staedte/stettin/

K. Karkmann © SeMa

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