Schrift ändern:AAA

Gunter Gabriel

Erinnerungen an einen Individualisten, Charmeur, Rebellen, an ein Ausnahmetalent und einen Herzensmenschen

Gunter im Hamburger Hafen vor seinem Auto.

Am 12. Juni hätte der Sänger, Komponist und Texter seinen 80. Geburtstag feiern können, wäre er nicht vor fünf Jahren am 22. Juni 2017 nach einem Treppensturz und nach einer OP eines dreifachen Bruchs des ersten Halswirbels in einem Krankenhaus in Hannover verstorben. Sein Wunsch, 98 Jahre alt zu werden, erfüllte sich leider nicht.

Unter dem Namen Günter Caspelherr wurde er geboren. Später strich er die Tüddelchen über dem U und gab sich den  Nachnamen Gabriel. Seine erste Frau hieß Gabriele. Er war ein Sohn aus dem Volk, der keine schöne Kindheit gehabt hatte. Seine Mutter starb, als er gerade vier Jahre alt war. Sein  gewalttätiger Vater schlug den kleinen Günter und seine Schwester Marion.
Mit Titeln wie „Hey Boss, ich brauch mehr Geld“ und „Komm unter meine Decke“ wurde der in Bünde geborene Schlager- und Countrysänger seit den 70er Jahren nicht nur zum Idol der Truckerszene. Die Worte zu seinen Liedertexten diktierte ihm das Leben, besonders auch das eigene.

Yvonne singt die Lieder ihres Vaters mit der Gabriel Band.

Bis zu seinem Tod war sein Weg von Höhen, Tiefen, Skandalen und ständiger Suche nach Anerkennung und besonders nach Liebe geprägt.  Ein rastloses Leben des fast zwei Meter großen Stehaufmannes, der die meiste Zeit gegen den Strom schwamm, dabei aber auch geniale Liedertexte verfasste, für sich und auch andere bekannte Sängerinnen und Sänger.
Seine älteste Tochter Yvonne, die er besonders liebte und die auch schon als Kind mit ihm auf der Bühne stand, nahm nach seinem plötzlichen Tod sein Erbe an. Das sind außer den 800 ausdrucksstarken Songs auch Schulden von 450.000 Euro. Sein Stolz verbot es ihm, Insolvenz anzumelden. Diesen Betrag wollte er mit „Wohnzimmerkonzerten“ zu je 1.000 Euro abarbeiten. Das schaffte er zu Lebzeiten nicht mehr. Mit der Versteigerung seines Nachlasses und mit Konzerten, die Yvonne anstelle ihres Vaters mit der Gabriel Band gibt, ist der Schuldenberg schon viel kleiner geworden.

In ihrem gerade erschienenen Buch „Mein Vater Gunter – Denkmal für einen Straßenhund“ (Rotbuch Verlag, VK, 19,99 Euro)  beschreibt sie die Zeit, die sie mit ihrem Vater verbracht hat, präsentiert aber auch unveröffentlichte Privatfotos und viele Liedertexte. Interessant sind auch die Auszüge aus den Tagebüchern, denen Gunter Gabriel viele Jahre u. a. auch sein Seelenleben anvertraute.

In diesem sehr lesenswerten Buch beschreibt Yvonne ihren Vater als „groß wie ein Baum, unberechenbar wie ein Orkan, lebendig wie die hohe See und sensibel wie ein Seismograf.“ Er vererbte ihr den starken Willen, viel Energie, Kreativität, eine Prise Übermut, Leidenschaft und die Liebe zur Musik. Wir unterhielten uns auch mit Weggefährten und Freunden des Countrysängers, die ihre Erinnerungen schilderten.  

JONNY HILL, Sänger, Texter und Komponist aus Innsbruck: ,,Ohne Gunter hätte es nie eine deutsche Countryszene gegeben. Er war der Vorreiter für eine tolle Entwicklung in den 90er Jahren, deren Höhepunkt unsere Sendung Kilometer 330 war. Sein „Hey Boss, ich brauch mehr Geld“ und „30-Tonner Diesel“ hat den Menschen aus den Herzen gesprochen. Er verstand ihre Sprache. Wir trafen uns oft auf Countryveranstaltungen. Gunter war nicht immer einfach, aber in seiner Arbeit ein Profi und ein begnadeter Songschreiber. Ich vermisse ihn.“

Gunter mit Heike Valentin.
Foto©Privat

MARINA WELKE, Gunter Gabriels Astrologin in Hamburg: ,,Wir kannten uns viele Jahre. Er telefonierte mit mir an manchen Tagen auch viermal. Gunter interessierte sich für spirituelle Begebenheiten weltweit. Ich gab ihm die Ergebnisse aus seinen astrologischen Konstellationen durch, die er aber nicht immer beachtete. Ich riet ihm, für die Fernsehsendung nicht in den Dschungel zu gehen. Er hörte nicht darauf und flog nach Australien, was ihm gesundheitlich sehr schadete. Kurz vor seinem Tod rief er noch an und erkundigte sich bei mir wegen der anstehenden OP. Auch von der riet ich ab. Er wollte sie unbedingt. Eine längere Erholung ohne OP hätte vielleicht sein Leben retten können. Er wollte doch mindestens 98 Jahre alt werden. Sein Leben war von Neptun bestimmt. Das heißt, dass er auf der einen Seite genial war und tolle Einfälle hatte, aber es zog ihn auch zum Alkohol und den Drogen.

HEIKE VALENTIN, Sängerin, Moderatorin und Tontechnikerin aus Berlin: ,,Ich habe Gunter zu vielen seiner Auftritte quer durch Deutschland begleitet und gefahren. Seine Kleidung und auch die Cowboystiefel transportierten wir immer in Körben. Auch zu privaten Terminen fuhr ich ihn, zu seinem Zahnarzt, in die Wäschereien, zu Presseterminen oder auch zu Kneipen, die er mit Gitarren ausstatten wollte. Denn eines seiner Mottos war, wo man singt, gibt es keinen Krieg. Ab und zu sangen wir auch  bei Veranstaltungen seine Lieder im Duett. Jeder Tag mit ihm war ein Abenteuer. Er konnte laut, aber auch leise und verletzlich sein. Gunter war sehr belesen und immer gastfreundlich. Ich habe viel von ihm gelernt. In erster Linie, mich durchzubeißen und nicht aufzugeben. Er selbst lebte auch nach dem Motto „Geht nicht, gibt es nicht.“   

Text + Fotos Marion Schröder © SeMa

Analyse Cookies

Diese Cookies ermöglichen eine anonyme Analyse über deine Webseiten-Nutzung bei uns auf der Seite

Details >Details ausblenden