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st.moment – eine Kirche, die kommt

„Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen“, heißt es im Markusevangelium. Und bei Lukas ist zu lesen: „Nehmt nichts mit auf die Reise, weder Wanderstock noch Tasche, weder Essen noch Geld, nicht einmal ein zweites Hemd.“ Die Kirchengeschichte lehrt – sehr bald hatten die Nachfolger der Apostel nicht nur ein zweites Hemd dabei, sondern sie lebten und leben oft als Fürsten der Kirche in prächtigen Palästen. Und auch die Sache mit dem „Hinausgehen“ hat sich schnell relativiert. Die Kirchen forderten erfolgreich, dass sich die „Geschöpfe“ zu ihnen und zu den von ihnen geschaffenen Strukturen hinbewegen.

Pastorin Meike Barnahl (3.v.l.) und ihr Team gehen neue Wege – an den Hamburgern ist es, sie mitzugehen. Foto: st.moment

Zunehmend leere Bänke

Was über mehr als anderthalb Jahrtausende klappte, ist heute ein Auslaufmodell. Im Vorcoronajahr 2019 besuchten – trotz des Kirchengebots, am Sonntag und gebotenen Feiertagen der Heiligen Messe andächtig beizuwohnen (Can. 1247 CIC) – lediglich 4,4 % der Katholiken der Pfarrei St. Katharina von Siena in Hamburg den Sonntagsgottesdienst. Im Durchschnitt des Erzbistums waren es immerhin noch 7,7 %.  In der evangelischen Nordkirche, die keine Sonntagspflicht kennt, liegt die Zahl der Kirchenbesucher noch deutlich niedriger. In ökumenischer Gemeinsamkeit gilt – die Zahl der nach Aktenlage evangelischen oder katholischen Christen, die sich einer Kirchengemeinde zugehörig fühlen, schwindet immer mehr. Eine aktuelle Umfrage des Sozialforschungsinstituts INSA-Consulere ergab, dass nur 22 % der Katholiken und 28 % der Protestanten Kontakt zu ihren lokalen Kirchengemeinden haben. Bei Gremienwahlen bereitet es zunehmend Probleme, überhaupt Kandidaten zu finden. Neuhamburger können in aller Regel schon nach wenigen Wochen berichten, wo der beste Bäcker, Schlachter, Arzt oder Sportverein bzw. Fitnessclub im neuen Umfeld ist. Die zuständige Kirchengemeinde kennen sie, wie Althamburger auch – trotz Kirchenmitgliedschaft – sehr häufig nicht.

Taufe mit Alsterwasser – ging bisher nur als Teil einer Großveranstaltung. Mit
„st.moment“ ist sie nun auch individuell möglich.
Foto: Krause

Die Sache mit dem Abholen

Politiker, Werber und Kirchenleute betonen gern, wie wichtig es ihnen ist, die Menschen „in ihrer Lebenswirklichkeit abzuholen“. Mit anderen Worten: die Menschen dahin mitzunehmen, wo sie der Abholende haben möchte. Was in Politik und Werbewirtschaft nur bedingt gelingt, ist bei Kirchenmitgliedern noch schwerer zu realisieren. Viele Menschen wollen gar nicht abgeholt werden. Hinzukommt, dass trotz gegenteiliger Bekundung die Gläubigen, die organisatorisch die kleinen Kerngemeinden tragen, nicht selten eine Wagenburgmentalität entwickelt haben. Neue – zumal kreative, kritische Menschen – sind da nicht immer willkommen. Und „U-Bootchristen“, die nur an hohen Feiertagen die Kirchen besuchen und in den ansonsten leeren Bänken den Platz wegnehmen, sind von den „braven Christen“ ohnehin wenig gelitten. Während die katholische Kirche in Hamburg bisher der Entwicklung tatenlos zuschaut und sie durch die Vergrößerung der Pfarreien eher noch verstärkt, hat sich die evangelische Kirche auf den biblischen Sendungsauftrag besonnen.

Monumental im Kaisersaal des Rathauses – der Heilige Ansgar tauft Hamburger „open air“. Den vor dem Bischof kniende Täufling musste der Maler auf Weisung des Senats entfernen. Ein Hamburger kniet nur vor Gott. Foto: Krause

Bibel beim Wort genommen

„Wir holen die Menschen nicht ab – wir gehen zu ihnen hin!“, so Pastorin Meike Barnahl. Sie leitet die in diesem Jahr initiierte Agentur „st.moment“. Ihr Angebot löst sich von bekannten Gemeindestrukturen und definiert sich so: „Besondere Lebensmomente sind unsere Leidenschaft. Wir sind an deiner Seite, damit sie zu deinem persönlichen st. moment werden. Unsere Agentur ist ein Service der evangelischen Kirche in Hamburg für Taufe, Hochzeit und Bestattung. Aber auch bei anderen lebensverändernden Momenten beraten wir dich und begleiten dich bei deiner ganz persönlichen Feier. Wir machen uns mit dir auf die Suche nach der passenden Form. Wir beraten dich bei der Musik und bei der Wahl des Ortes. Am großen Tag finden wir dann Worte und Gesten für dich. Dabei vertrauen wir auf die Kraft alter christlicher Rituale und sind offen für neue. Wenn sich dann Himmel und Erde  nahekommen, liegt vielleicht ein Schimmer in der Luft, der dich noch lange begleiten wird: ein heiliger Moment – dein „st. moment“. Die Beratung durch st. moment ist für dich immer kostenlos und unverbindlich. Auch für dein Ritual fallen grundsätzlich keine Kosten an.“ Und wie steht es bei „st.moment“ mit der Kirchenmitgliedschaft? „Ganz unabhängig von Kirchenmitgliedschaft möchten wir mit euch einen Gottesdienst feiern, der zu euch passt. Ob Taufe, Hochzeit oder Trauerfeier, wir planen und feiern mit euch ganz individuell euren st. moment. Gerne kommen wir dabei auch über Kirchenmitgliedschaft ins Gespräch, wenn ihr möchtet.“ Die katholische Kirche schreibt bei Taufen und Trauungen die Lokalität „Kirche“ verbindlich vor. Meike Barnahl und ihr Team denken freier. „Wir kommen dahin, wo dein Herz schlägt“, versichern sie „Du hast den Traumort für dein Ritual schon gefunden? Wir lieben Hamburg und den Norden und begleiten dich gerne.“ Taufen in Alster und Elbe gab es bereits für Gruppen. „st.moment“ macht sie und auch Trauungen individuell nun fast überall möglich. Das gilt natürlich auch für Silber- und Goldhochzeiten. In frohen wie in schweren Stunden den Menschen nahe zu sein, das ist der Sendungsauftrag von „st.moment“ – deshalb ist Bestattung ein wichtiger Schwerpunkt der Agentur.

Kontakt aufnehmen

„st.moment“ möchte die – noch – bestehenden Gemeindestrukturen nicht aushebeln oder überflüssig machen. Die Agentur ist ein Angebot an Christen, denen kirchliche Rituale und Begleitung in bestimmten Lebenssituationen wichtig sind, die sich aber mit überkommenen Kirchenstrukturen nicht anfreunden wollen oder können. Sie ist ein bemerkenswerter Anlauf der evangelischen Kirche in Hamburg, den Menschen neu nahe zu sein. Der erste Schritt ist mit „st.moment“ getan. Nun ist es an den Hamburgern, den zweiten Schritt zu tun.

Hier die Kontaktdaten: https://stmoment.hamburg/. Bei der Apostelkirche 0 (Kirche), 20257 Hamburg, Tel.: 0176 195 188 39.    

 

F. J. Krause © SeMa

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