Im Schlepptau des Sommers
Immer mehr Rentner überwintern in wärmeren Gefilden – Teneriffa voll im Trend!
Sommer oder Winter? Spanien, Kanaren, Festland oder Insel? Traum, Illusion oder nur Flucht? Rentner, Pensionäre oder andere Best Ager diskutieren immer mehr darüber, ob es sinnvoll ist, im Süden zu überwintern. Das Senioren-Magazin (SeMa) versucht, sich ein Urteil zu bilden. Welcher Geldbeutel ist ausreichend, welche Sprachkenntnisse sind nötig und was erwartet den Oldie-Vagabunden sonst auf seinem Weg vom Winter in den Sommer?
Zwei Grad plus, Schneeregen, trüber Himmel und ähnliche Laune. Nicht nur in Hamburg werden vom November bis zum März Reisekataloge und die gängigen TV-Reisemagazine zum Hoffnungsträger, die fröstelnden und gefrusteten Germanen sehnen sich nach Wärme, Strand oder Cuba Libre. Für diejenigen, die das Arbeitsleben hinter sich und die dementsprechende Rente im Rücken haben, muss es nicht bei Sehnsucht oder Traum bleiben. Etwas Mut und ein Wissen, was einen so in Spanien oder speziell auf den Kanaren erwartet, gehören schon zum Startgepäck. Dann aber lohnt es sich, zu den rund 200 000 deutschen Rentnern zu gehören, die allein im vergangenen Jahr lieber am Pool oder tobenden Meer auf den Kanaren saßen, als sich am deutschen Ofen warme Gedanken machen zu müssen.
Aber was heißt hier Pool. Teneriffa – beliebteste Kanaren-Insel der Deutschen – zum Beispiel hat durchaus mehr als dieses Klischee zu bieten. Die Hamburgerin Monika Gribner hat mehr als 35 Jahre Erfahrung auf dem Eiland nahe der afrikanischen Küste. Schon seit 1986 residiert die reiselustige Hanseatin mal kürzer, mal länger in ihrem Domizil in der Nähe von Santa Cruz, der Hauptstadt Teneriffas. „Ich kann älteren Menschen nur dazu raten, einmal einige Monate auf der Insel zu verbringen“, sagt die Hanseatin. Dabei meint sie nicht nur Sonnenschein, Sandstrand oder Touristen-Small-Talk. Nein, gerade der Raum Santa Cruz habe kulturell einiges zu bieten, die 230.000-Einwohner-Stadt hat durchaus City-Charakter. „Hier ist schon genug los, sodass man sich nicht langweilt, und auch mit Deutsch und Englisch kommt man hier gut durch“, wirbt sie für „ihre zweite Heimat“. Auch das Preisniveau sei niedriger als in Deutschland.
Allerdings stimmt nicht jeder in diesen Jubelgesang über das winterliche Spanien ein, es muss relativiert werden. Die meisten Spanien-Überwinterer zieht es weg von den Touristen hin zu den Einheimischen. So macht es auch Gretel Hinzmann, die regelmäßig auf das spanische Festland nach Andalusien – „flüchtet.“ Sie ist drei bis fünf Monate im Jahr dort, spielt Golf und liebt die Kultur und den Kontakt zu den Andalusiern im Dorf. „Das ist mir sehr wichtig, allerdings kommt man hier mit der deutschen Sprache nicht sehr weit“, sind die Erfahrungen der 78-jährigen Dame aus Hamburg. Das Leben allgemein sei in Andalusien gerade im Alter einfach leichter. Dem stimmt Sieglinde de Medina zu, die fließend Spanisch spricht und auch mit einem Spanier verheiratet war. Bei einem langen Auslandsaufenthalt ist der Kontakt zu den Einheimischen – benötigt würden aber Sprachkenntnisse – das Salz in der Suppe, schildert die 80-jährige Dame mit ungebändigter Reiselust in ihrer Stimme. Sie liebt das Baskenland und speziell die Stadt San Sebastián, wo freilich die Temperaturen im Winter aber auch nicht hoch sind. „Im Sommer geht es dann auch eher ins Warme“, gibt sie zu.
Es gibt also verschiedene Ansichten und unterschiedliche Gründe, den Schritt in die „Winterwärme“ Spaniens – speziell der Kanaren – zu wagen, freilich gehören Fitness, Flexibilität in Sachen Sprache und natürlich auch etwas Geld dazu (siehe Infokasten auf Seite 19). Wer diese Anforderungen erfüllt und dazu noch etwas Mut hat, sollte es wagen. Und die anderen können sicher sein: Irgendwann scheint auch in Deutschland wieder die Sonne.
Informationen zu Spanien/speziell Teneriffa
Deutsche: Deutsche Residenten (etwa 50 000 deutsche Menschen leben auf Teneriffa) sind vor allem an der Nordküste von Bajamar über Santa Úrsula, La Orotava und Puerto de la Cruz bis nach Los Realejos und seit etwa 20 Jahren auch an der Süd-West-Küste von Costa del Silencio über Los Cristianos, Playa de las Américas bis nach Los Gigantes zu finden. Touristen-untypisch scheint das Leben in der Hauptstadt Santa Cruz de Tenerife (siehe Angaben im Haupttext). Dort wiederum hat der Auswanderer die besten Chancen, mit Einheimischen in Kontakt zu kommen.
Lebenshaltungskosten: Die Insel lockt mit geringen Lebenshaltungskosten. Derselbe Standard, der in Berlin für 2.100 Euro pro Monat erhältlich ist, kostet auf Teneriffa rund 1.500 Euro im Monat (durchschnittliche Angaben von 2021, Preissteigerung aufgrund der Energiekosten möglich).
Visum/Sicherheit: Gezahlt wird mit Euro, ein Visum ist nicht notwendig – das macht Teneriffa zu einer absoluten Einsteigerinsel für Auswanderer, Langzeiturlauber und digitale Nomaden. Die Insel ist zudem – vor allem im Vergleich zu Südamerika oder Afrika – sehr sicher.
Sonniger Süden der Insel: Im Süden der Insel (zum Beispiel Los Christianos, Playa de Américas) scheint die Sonne statistisch zwar am meisten, aber dort könnten bei einem längeren Aufenthalt die touristischen Betonburgen mit allen lästigen Randerscheinungen stören.
Krankenversicherung/Behandlung: Wenn man als Rentnerin oder Rentner in Deutschland gesetzlich krankenversichert ist und zusätzlich in Spanien eine spanische Rente bezieht, endet beim Umzug nach Spanien die deutsche Kranken- und Pflegeversicherung, und man wird in die Seguridad Social aufgenommen. In Deutschland gesetzlich Versicherte können sich in Spanien mit ihrer Europäischen Krankenversicherungskarte (EHIC, vermerkt auf der Rückseite Ihrer deutschen Versicherungskarte) medizinisch behandeln lassen.
Flug/Zeit: Der Direktflug von Hamburg nach Teneriffa (hat zwei Flughäfen) dauert gut fünf Stunden. Die Zeitverschiebung ist eine Stunde.
Klima: Auf den Kanaren liegt die Temperatur von November bis März zwischen 21 und 24 Grad Celsius. Das Meer (niemals kälter als 18 Grad) lädt ganzjährig zum Baden ein.
Infos im Internet: https://www.aufreisensein.com/ueberwintern-in-spanien-21-22 https://www.langzeiturlaub-ueberwintern.com
Klaus Karkmann © SeMa
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