Städte-Check Groningen
Nach dem Arbeitsleben haben viele Senioren genügend Zeit zum Reisen. Dabei stehen Städtereisen hoch im Kurs. Kurz, interessant, recht günstig und auch für die ältere Generation geeignet soll es sein. Das Senioren-Magazin testet in einer Serie, welche europäischen Städte diese Anforderungen erfüllen – oder auch nicht. In dieser Folge geht es um die nordniederländische Metropole Groningen.
Wo junge Menschen den Takt bestimmen
Die niederländische Studentenstadt Groningen ist gut erreichbar
Es muss nicht immer gleich Amsterdam sein, denn das Gute liegt oft viel näher. Die niederländische Studentenstadt Groningen nahe der deutschen Grenze ist von Hamburg aus sogar per DB-Niedersachsen-Ticket mit
leichtem Preisaufschlag zu erreichen. Das nutzen immer mehr auch hanseatische Seniorengruppen, die sich für zwei oder drei Tage unter das Studentenvolk mischen. Vorsichtig tasten sich die Rentner zunächst an den breiten Radwegen am Rande der großen Fußgängerzone entlang.
Es ist schon ungewohnt, wie ungehemmt und ohne Skrupel die meist jungen Radler ihre Bahnen ziehen. Für die Niederlande (siehe im Extremfall Amsterdam) eben normal, für unsere etwas betagten Nordlichter aber mit hohem Gefährdungspotenzial. Und die Oldies sind gnadenlos in der Unterzahl, auf den Straßen oder in den Fußgängerzonen Groningens ist die Generation 60plus die ganz große Ausnahme – es lebe die Studentenschaft.
Das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein. „Es ist wirklich auffallend, wie nett und höflich die jungen Leute hier auftreten“, staunt zum Beispiel Christel Nägele (86), die sich mit ihrer Freundin Maria Schuck (84) die beiden Tage nach Groningen gewagt hat. Zumindest Christel Nägele, die zum ersten Mal in den Niederlanden ist, lernt viele Neuheiten kennen und ist begeistert.
Zusammen mit ihrer Freundin steht sie in einer typisch niederländischen Backstube, trinkt genussvoll ihre Schokolade – natürlich serviert von einer netten jungen Holländerin. Die Gemütlichkeit der kleinen warmen Stube überträgt sich auf die Mimik der beiden Hamburger Rentnerinnen. Und so geht es gleich weiter in das nächste Studentencafe.
Aber alles hat seinen Preis. In Holland allgemein und natürlich auch in Groningen ist das Preisniveau schon recht hoch. Bier, Pommes und ein Sandwich für zusammen 15 Euro zum Beispiel wäre in Hamburg nicht der große Knüller. Lecker – und gleichzeitig gehaltvoll – allerdings ist auf den Märkten, an den Buden und in den einladenden Pubs dieser Stadt alles. Ob nun Kroketten, Kibbeling (gebackene Fischstücke), Bitterballen (rund frittierte Bälle mit verschiedenem Inhalt) oder natürlich Fritten in allen Variationen: In den Niederlanden geht alles schnell und auf Fast-Food-Basis, die Waage lässt grüßen.
Wenn man dann noch den vielen Kuchen, Keksen und der Schokolade verfällt, sollte der Gewichtsmesser dann lieber ungenutzt in der Ecke stehen bleiben. Das alle interessiert unsere Hamburger Seniorengruppe freilich nicht. „Groningen ist wirklich eine lebendige Stadt, sie lebt an jeder Ecke“, sagt Heidi Müller (66) aus Norderstedt. Derweil hat sich Marianne Pilz (79) schon wieder in eines ihrer geliebten Museen zurückgezogen. „Wer in Groningen die Museen auslässt, hat etwas verpasst“, sagt die hanseatische Dame, die so ihre Meter an diesem Tag abläuft.
Wer es gemütlicher und ruhiger haben will, macht eine Grachtenfahrt – nicht ganz so lang wie in Amsterdam, aber allemal lohnend. Der Start ist direkt am imposanten Hauptbahnhof – auch wieder so ein Gebäude, das man in Groningen gesehen haben sollte. Aber bloß nicht träumen, da schießen schon die nächsten Radler um die Ecke. Wer allein die Rad-Tiefgarage am Hauptbahnhof mit den Hunderten in mehreren Schichten gestapelten Bikes sieht, der weiß, was verkehrstechnisch in Groningen die Stunde geschlagen hat. Von den gut 200 000 Einwohnern – davon ein Großteil inländische und ausländische Studenten – sitzen die meisten täglich auf dem Sattel. Letztlich aber ist auch das ein Umstand, der die Stadt sympathisch macht. Nun aber zurück nach Hamburg.
Bei aller Euphorie für die Stadt Groningen: Sie ist im Prinzip in zwei Tagen zu entdecken. Eine gute Erinnerung ist sie für unsere 20-köpfige Senioren-Gruppe aus Hamburg allemal, aber man ist doch auch mal gern wieder unter mehr Altersgenossen. Oder?
K. Karkmann © SeMa
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